Teamchef Roger Bader geht am Samstag bei der Weltmeisterschaft 2023 in Finnland und Lettland in sein sechstes Turnier mit dem ÖEHV-Team. Alle Spiele des ÖEHV-Nationalteams können im LIVE-Ticker bei LAOLA1 verfolgt werden >>>
LAOLA1-Experte Bernd Freimüller mit einem Blick darauf, wie sich die Personaldecke seit seinem Amtsantritt gewandelt hat - von Eintagsfliegen bis zu Dauerbrennern:
Fünf Turniere seit September 2016
Der damals 51-jährige Bader - bis dahin Nachwuchs-Sportchef und U20-Coach - übernahm die Nationalmannschaft nach der Olympia-Qualifikation im September 2016. Dort blamierte sich das Team unter Alpo Suhonen nach Strich und Faden, ging gegen Lettland mit 1:8 und Deutschland mit 0:6 unter. Suhonen war danach nicht mehr haltbar, blieb zwar bis zum Saisonende als Sportchef im Amt, Bader (Co-Trainer in Riga) übernahm aber das Coaching des A-Teams. Die Turniere unter seine Ägide:
B-WM April 2017 in Kiev - der Aufstieg mit 12 Punkten aus fünf Spielen
A-WM Mai 2018 in Kopenhagen - Klassenerhalt mit vier Punkten, darunter das 4:0 gegen Absteiger Belarus
A-WM Mai 2019 in Bratislava - Abstieg mit nur einem Punkt aus dem Abstiegsspiel gegen Italien
Es folgten zwei Corona-Absagen der B-Turniere, danach:
Olympia-Qualifikation in Bratislava (August 2021) - dritter Platz unter vier Teams
A-WM Mai 2022 in Tampere - gemeinsam mit Frankreich kurzfristig als Ersatz für Russland und Belarus eingeladen. Sieben Punkte und sechster Gruppenplatz - ein starkes Abschneiden, das allerdings erst im Schlussdrittel des Abschlussspiels gegen Großbritannien finalisiert wurde.
Fünf Turniere in sechs Jahren - auf welche Spieler griff Bader hier zurück? Insgesamt waren fünf Torhüter, 19 Defender und 27 Stürmer zumindest einmal mit von der Partie.
Die Eintagsfliegen
Goalie Lukas Herzog (2018), die Defender Christoph Duller (2017) Mario Altmann (2018), Raphael Wolf (2019) sowie die Stürmer Martin Ulmer (2017) und Alexander Cijan (2019). Von ihnen kann theoretisch nur Wolf noch einmal einberufen werden, Duller, Cijan und Herzog haben ihre Karriere beendet, Altmann und Ulmer sind aus Altersgründen kein Thema mehr. Von den WM-Debütanten des Vorjahres sind heuer Dominic Hackl (krank), Marco Kasper (verletzt), Simeon Schwinger und Nico Feldner (beide bei den letzten Cuts) nicht mehr dabei, aber natürlich weiter ein Thema. Der derzeit vereinslose Goalie Ali Schmidt stand nur bei der Olympia-Quali im Aufgebot.
Die Dauerbrenner
Die Goalies Bernhard Starkbaum und David Kickert, Defender Dominique Heinrich sowie die Stürmer Manuel Ganahl und Lukas Haudum machten alle Turniere in der Ära Bader mit. Alles Spieler, die auch die Operetten-Turniere während der Saison mitmachen, wenn sie gefragt werden.
Langjährige Stützen, die nicht mehr dabei sind: Martin Schumnig, Alexander Pallestrang, Thomas Hundertpfund und Alexander Rauchenwald fielen irgendwann aus dem Team, ohne dass groß von Rücktritten gesprochen wurde - sie alle waren immer da, wenn sie gebraucht wurden.
Brian Lebler verabschiedete sich nach der letzten WM, gerade zur rechten Zeit, bevor sein Alter und sein Speed seine positiven Beiträge überlagerten. Auch er sagte von sich aus nie ab. Markus Schlacher, Stefan Ulmer, Patrick Peter - sie alle spielen nicht mehr Eishockey, Ulmer und Peter aus Verletzungsgründen. Fabio Hofer wollte nach der WM in Bratislava nicht mehr, er wäre als jetzt 32-jähriger sicher weiter ein Thema gewesen. Ähnliches gilt für Konstantin Komarek (30), der ebenfalls bis Bratislava immer dabei war. Diese beiden - keine Komplettpakete, aber mit offensiven Stärken - sind eigentlich die einzigen Cracks, die heute noch dabei sein könnten.
Wenn man etwa Richtung Slowenien schaut, sind dort auch Spieler im Alter von Schumnig (33), Hundertpfund (33) oder Raphael Herburger (34) weiter mit von der Partie. Herburger wollte sich heuer noch einmal im Camp bewerben, sagte dann aber wegen einer Verletzung ab. Sowohl der ÖEHV als auch die Spieler werden nach ihren langjährigen Teamkarrieren nicht böse sein, dass neue Generationen nachgekommen sind. Schumnig, Hundertpfund und Herburger gehörten auch immer zu den Spielern, die nur aus guten Gründen absagten.
Nicht abgeschrieben
Von den älteren Spielern, die heuer fehlen, sollten Hackl (26), Clemens Unterweger (31), eventuell auch Patrick Obrist (30) weiter ein Thema sein, wenn auch Obrist - bei Bader hoch angesehen - seine Viertlinienposition an den jüngeren und größeren Oliver Achermann verloren zu haben scheint.
Sehen wir Michi Raffl noch einmal im ÖEHV-Jersey? Er ist mittlerweile 34 Jahre alt, seine Absage heuer bereits die dritte in Folge. Bei ihm könnte es wie bei Thomas Vanek ablaufen, der, wenn jünger, bei Anforderung immer kam, im höheren Alter dann nicht mehr. Im Gegensatz zu Vanek spielt Raffl aber mittlerweile in Europa, seine Saison endet damit automatisch vor der WM.
Starke Jahrgänge rückten nach
Am Anfang war für Bader noch Improvisation angesagt. Nichts gegen Altmann, Duller oder Cijan, aber ihre Einberufungen erfolgten rein aus Mangel an Alternativen. Ähnliches galt in geringerem Maße für Spieler wie Layne Viveiros, Daniel Woger oder Patrick Spannring (hatte als Checker immer eine definierte Aufgabe) - sie alle spielten nur die ersten beiden Bader-Turniere.
Was sich nach dem Bratislava-Abstieg und der darauffolgenden Corona-Pause änderte? Ganz einfach: Bader konnte endlich auf starke Jahrgänge zurückgreifen, die zuvor natürlich noch zu jung war. Das waren:
1996/97: Bader kennt diese Jahrgänge aus seiner Zeit als U20-Coach, wo das Team bei der Heim-WM in Wien sehr stark spielte. Dazu gehören Hackl, Bernd Wolf, Haudum, Mario Huber, Benjamin Nissner, Ali Wukovits und Dominic Zwerger sowie die zum erweiterten A-Team-Aufgebot gehörenden Erik Kirchschläger, Florian Baltram, Stefan Gaffal und Felix Maxa, von denen aber nur Kirchschläger bis jetzt bei ernsten Turnieren zum Einsatz kam. WM-Debütant Henrik Neubauer gehört am Papier auch zu diesen Jahrgängen, hatte aber mit den österreichischen Auswahlteams nichts zu tun.
2000/01: Diese Jahrgänge schafften mit der U20 unter Marco Pewal den Aufstieg in die A-Gruppe. Jetzt sind sie 22 oder 23 Jahre alt, ein Alter also, wo sie beim A-Team entweder hineinschnuppern oder bereits fixer Bestandteil sein sollten: Mit David Maier, Thimo Nickl, Kilian Zündel und Philipp Wimmer stehen gleich vier Defender dieser Geburtsjahre im WM-Aufgebot. Dazu kommen im Angriff Paul Huber und natürlich Marco Rossi. Benjamin Baumgartners Karriere steckt irgendwie fest, die von Defender Julian Payr aufgrund von Verletzungen noch viel mehr. Luis Lindner (der letzte Defender-Cut) und Tim Harnisch könnten hier in naher Zukunft auch dazukommen.
2004: Kein so breiter Jahrgang, dafür mit Marco Kasper und David Reinbacher zwei Ausnahmekönner, die bereits mit 18 Jahren im Nationalteam Leistungsträger waren bzw. sein werden. Montreal-Draftpick Vinzenz Rohrer, Luca Auer oder Patrick Söllinger wären hier weitere interessante Namen für die Zukunft.
Diese fünf Jahrgänge werden im nächsten Jahrzehnt das Rückgrat des Nationalteams darstellen, dazu kommen noch einzelne Cracks aus weniger tiefen Jahren wie etwa dem eigentlich sehr schwachen 2002er mit Lucas Thaler (gibt in Tampere sein WM-Debüt) oder hoffentlich Senna Peeters.
Einzig im Tor sieht es über alle Jahre hinweg zappenduster aus - kann Sebastian Wraneschitz (2002) hier einmal eingreifen? Mehr als eine vage Hoffnung stellt er derzeit nicht dar, nach lediglich drei Spielen in der heurigen Saison muss er nächste Saison regelmäßig spielen, um so wieder in die Gänge zu kommen.
Von der (allerdings sehr wichtigen) Goalie-Position abgesehen kann das österreichische Hockey aufgrund einiger starker Jahrgänge positiv in die Zukunft sehen. Vor allem Ausnahmekönner wie Rossi, Kasper oder Reinbacher - so sie denn immer zur Verfügung stehen - lassen darauf hoffen, dass das jahrzehntelang andauernde Fahrstuhldasein gestoppt werden kann…